Samstag, 20. März 2010

morning session

Auf dem Weg zum Strand klettern die ersten Sonnenstrahlen über die Düne. Der Sand unter meinen Füßen ist kalt und feucht. Die Luft schmeckt trotz des feinen Salznebels frisch und kühl. Der Strand ist bis auf uns menschenleer.
Die Wellen sind sauber und steil. Glatt gestrichen vom morgendlichen Offshore bricht das Licht der aufgehenden Sonne in tausend orange-goldenen Schattierungen. Mein Herz schlägt voll Vorfreude schneller. Die erste Berührung des Wassers ruft einen Schauer hervor. Ich wate mit dem Brett neben mir durch das anlaufende Weißwasser nach draußen, dann lege ich mich auf das Brett. Während ich schwer atmend lospaddel, spüre ich, wie meine Muskeln arbeiten und das Blut zirkuliert. Mein Kopf ist frei und klar. Der beißende Kälteschock beim ersten Durchtauchen einer größeren Welle weckt alle meine Sinne - nun bin ich hellwach.
Durch die anbrandenden Weißwasserberge kämpfend, finde ich einen Kanal, der mich mit der ziehenden Strömung weiter raus trägt. Plötzlich bin ich im Line-Up, dem ruhigen Platz jenseits der Brechungslinie, wo sich der saubere Swell das einzige mal steil aufbäumt, bevor er etwas weiter strandwärts über der Sandbank umschlägt. Weiter zum Ufer hin herrscht Chaos, hier draußen Ruhe - der schmale Grat dazwischen ist es, den ich suche.
Eine Wasserwand baut sich vor mir auf und fordert mich heraus. Ich sitze auf meinem Brett, drehe die Nose strandwärts, lege mich ab und paddel konzentriert aber mit der größtmöglichen Kraft. Ich fühle, wie sich die Welle unter mir aufbaut. Auf einmal wird das Brett von hinten angehoben und ich starre eine senkrechte Wellenwand hinab. Ein kurzes Abstoßen aus den Füßen, das Brett fällt noch einmal ab, doch dann stehe ich, finde halt, fühle wie Rails und Finnen Führung bekommen. Ich schieße die Wasserwand entlang, sicher auf dem Brett stehend spüre ich jede kleinste Unebenheit.
Während sich die Lippe kräuselt und zu kippen beginnt, ziehe ich mit leichtem Druck auf die Fußballen einen Turn hoch, unter die Lippe.  Durch Belastung des hinteren Fußes bremse ich abrupt ab und mache mich ganz klein. Plötzlich bin ich in der Tube, gänzlich verborgen hinter einem dichten Vorhang aus Wasser.
Mit einer leichten Gewichtsverlagerung nach vorne trimme ich das Brett perfekt in der brechenden Welle. Durch den Wassertunnel schießend entfernt sich das drehende, mandelförmige Auge des Lichts von mir. Der Tunnel schrumpft und wird schneller, tiefer ducken, mehr Gewicht nach vorne verlagern, sodass sich das Auge wieder vergrößert und - BOOM! -, umfüllt von fauchendem Nebel und voller Adrenalin blinzel ich wieder ins Morgenlicht. Die Geschwindigkeit nutzend lehne ich mich über die Fersen in den weiten Bogen eines Cutbacks zurück und spüre noch einmal den Druck der brechenden  Welle neben meinem Brett bevor ich über die Wellenschulter herausziehe.
Der ganze Körper prickelt, ist adrenalingeladen und denkt nur an die nächste Welle.
Hier beginnt die Sucht.

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